P R E S S E S P I E G E L

 

Karl

Rezension zum Gastspiel an den Uckermärkischen Bühnen Schwedt 14.06.2004 -
aus "Sonnensegel" vom 15.06.2004


Ein „Bitte hier entlang“, mehr brauchte es nicht um über den Bühnenaufgang hinter die Kulisse einer, trotz hoher Nervosität normgerechten Höflichkeit geführt zu werden.
Die Chance der sich eröffnenden Geschichte zu entrinnen, die zur Unbetroffenheit notwendige Distanz aufzubauen, von Beginn an verbaut, durch Räumlichkeit und dem ihr einhergehenden Abbau der Grenze zwischen Publikum und Protagonist. Wozu? - um der Wahrhaftigkeit jenes Schmerzes willen, den nur Verlust und zwangsläufige Entbehrung gebären;um die Sehnsucht nach Wärme, Geborgenheit und Annahme mitfühlen und den beschrittenen Weg, sie zu suchen, sie wieder zuentdecken verstehen zu können, so “andersartig” der auch sein mag. Denn das ist Karl.

Hinter der Intention die Publikumsnähe auf Grundlage dieser Thematik zu schaffen und zu halten steht ein hoher Anspruch und viel Mut zum Versuch, ihm gerecht zu werden. Die den Publikumsraum mehr und mehr für sich vereinnehmende Spannung, die zu Beklemmung wurde, spricht für den Darsteller und sein Können. Hohe Sensibilität und Konzentration, Körperbeherrschung und -psychologie braucht es um den Grad von Authenzität zu erlangen, um eine solche Figur von innen heraus so begreifen und spielen zu können, dass ihr Verhalten, ihr Wesen allein der Wahrhaftigkeit des Augenblicks gerecht werden, das Fragen entstehen, stehen bleiben oder neu gestellt werden dürfen.

Denn wie oft wird der weitgefasste Begriff der Andersartigkeit mit vorgefertigten Ansichten und daher Antworten oder althergebrachten Betrachtungsweisen oberflächlich und pauschal abgetan. Wie oft stehen Schuldige, Verantwortliche für die Formung von Menschen wie Karl schon fest.

Die Erschöpfung und Erleichterung auf beiden Seiten am Ende des Stückes sprechen für sein Gelingen und vor allem für seine Notwendigkeit, zeigt sie uns doch, wie wenig geschult wir im Umgang mit Menschen und wie schlecht unsere Kondition dies bezüglich noch ist.

Da sage doch einer, das Leben wäre langweilig.

Franziska Wulf


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