P R E S S E S P I E G E L

DER ODERLANDSPIEGEL 20.07.2003

LAUT, VERSCHMITZT UND IRONISCH
Festakt zur 750-Jahr-Feier: Lob, Kritik und mahnende Worte


Frankfurt/Oder (big). Hochoffizielle Festakte müssen nicht langweilig sein: In der Geburtstagsstadt sorgten dafür unter anderem ein mahnender wie komplimentierender Hans N. Weiler, kecke Mitglieder vom Theater im Schuppen, ein schwungvolles Staatsorchester und der Slubicer Bürgermeister mit Päckchen. So voll war die Konzerthalle lange nicht. Es mussten für den Festakt zur 750-Jahr-Feier sogar noch zusätzlich Stühle hereingetragen werden. Martin Patzelt dankte allen Gästen, den Beteiligten am Festumzug, den Orga-nisator(inn)en und so weiter: "Dank ist die Quelle für Glück." Er bat, mit Blick auf die versammelte Riege der Landesminister/in- nen, "die Nöte der Gemeinden nicht aus den Augen zu verlieren". Der OB dankte auch seinen Vorgängern im Amt: Fritz Krause, Wolfgang Denda und Wolfgang Pohl. Dafür wurde er vom Ministerpräsidenten gelobt - "für diesen Beitrag zur politischen Kultur". Matthias Platzeck betonte, dass Frankfurt (Oder) der Brandenburger Geschichte prägende Impulse gegeben habe. "Das wird auch so bleiben." Nach ihm zogen mit Remmidemmi Mitglieder des Theaters im Schuppen ein. Laut, verschmitzt, ironisch sinnierten sie über die Stadt am Fluss und bereiteten dem Festredner die Bühne. Hans N. Weiler meinte denn auch: "So toll bin ich noch nie eingeführt worden." Der Gründungsrektor der Europa-Universität sparte nicht mit Kritik, Lob, Ratschlägen und Mutmachen. Frankfurt (Oder) sei ein Ort, wo die Nationalsozialisten schon früh einige ihrer besten Wahlergebnisse erzielen konnten. Doch mit Namen wie Walter Kor sing, Paul Feldner, Pfarrer Herr mann von der bekennenden Kir che und anderen verbinde sich auch eine stolze Tradition des Widerstandes gegen Hitler. Der Ehrenbürger lobte die Fähigkeit der Menschen hier, schwierige Situationen kreativ zu meistern und machte das am Beispiel deutlich: Die Computertechniker an der Uni - allesamt aus dem Halbleiterwerk - hatten es beim Hochwasser 1997 geschafft, das gesamte Rechenzentrum aus dem bedrohten Kellergeschoss in den ersten Stock zu verlagern, ohne den Zugriff auf die Rechner zu unterbrechen.
Weiler wünscht sich: "In fünfzig Jahren, bei der 800-Jahr-Feier von Frankfurt, müsste dieser Stadt der Ruf vorangehen, zu einem lebendigen Treffpunkt der europäischen Jugend, der europäischen Wissenschaft, der europäischen Technologie, der europäischen Musik, des europäischen Sports geworden zu sein." nsgesamt ein kurzweiliger wie srbaulicher Vortrag. Nach all den anhebenden Worten schaffte es der Slubicer Bürgermeister doch loch dem Ganzen einen draufzu-;etzen: Ryszard Bodziacki /vünschte sich, dass "wir heute zu zählen beginnen, den ersten gemeinsamen Tag von Frankfurt (Oder) und Slubice". Und dann sagte er auf Deutsch: "Ich möchte, dass Frankfurt (Oder) und Slubice gemeinsam eine neue Zeit in der EU mitgestalten." Dafür bekam er prompt Applaus. Die ganze Zeit hatte er ein Geschenkpäckchen bei sich. Er habe einen Briefträger an der Brücke getroffen, der seinen Pass vergessen habe und deshalb übernehme er jetzt dessen Aufgabe. Im Kistchen waren 750 Postkarten-Grüße von Slubi-cer(inne)n und Schüler(inne)n an das 750-jährige Frankfurt (Oder). Unter Begleitung der Stadtwache wurden Oberbürgermeister und Ministerpräsident aus dem Saal geleitet. Sie hatten noch eine verantwortungsvolle Aufgabe zu erledigen: Im Foyer wartete schon eine fünfstöckige Festtagstorte auf den Anschnitt. Der anschließende Empfang zog sich über Stunden hin. Der Oberbürgermeister sang sogar noch.

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