Frankfurt (Oder) (MOZ) Der Raum auf dem Gelände der Frankfurter Ziegelstra8e,
gleich neben dem Theater des Lachens, ist groß, leer - und kalt. Nur
mühsam gelingt es einem an der Tür postierten Heizlüfter, ein wenig
Wärme vorzutäuschen. Die gut 30 Jungen und Mädchen, die am anderen Ende
des Raumes an langen Tischen sitzen, scheint das nicht zu stören. Die
Köpfe über die Tische gebeugt, kritzeln sie emsig große Blätter mit
Skizzen und Ideen voll. Später sollen anhand dieser Vorlagen überlebensgroße
Figuren, Banner, Masken und Kostüme entstehen, Dekorationen für den
großen, "Love in Europe"-Umzug am Sonnabend auf der Oderbrücke. "Making"
nennt sich dieser Workshop, was auf Deutsch nichts anderes heißt als
"machen". Und gemacht wird jede Menge im Theatercamp des europäischen
Theaterfestivals, "Magic Love", das heute Abend (20 Uhr) offiziell im
Frankfurter Kleist Forum eröffnet wird. Neben den knapp 150 Jugendlichen
aus 12 Ländern, die am Theatercamp teilnehmen, sind seit Sonntag auch
etwa 120 Theater-Profis aus allen Ecken Europas in der Oderstadt zu
Gast, um sich hier mit dem Thema Liebe 'zu beschäftigen. Anlass ist
das Jahrestreffen des Kulturprojektes Magic-Net, das Jugendliche für
klassische europäische Dramen interessieren möchte. Die 15, zumeist
auf ein jugendliches Publikum ausgerichteten Theater, die darin organisiert
sind, haben bereits klassische Inszenierungen vorgelegt und sich darüber
ausgetauscht. Drei davon werden auch in Frankfurt zu sehen sein. Zudem
wollen die Theatermacher, bunt gemischt, jeweils eine Szene aus Shakespeares
Sommernachtstraum erarbeiten und morgen Abend im Kleist Forum vorstellen.
Die Theater waren es auch, über die die Jugendlichen zum Austausch nach
Frankfurt gekommen sind. "Unsere Projektteilnehmer sind dazu verpflichtet,
mit Jugendlichen zu arbeiten", erklärt Magic-Net-Leiter Dirk Neldner.
Während sich einige Häuser Theaterjugendklubs und -pädagogen leisten,
haben andere intensive Beziehungen zu Schulen aufgebaut. Im Theatercamp
treffen nun Lehrer, Schüler und Jugendklubmitglieder aus ganz Europa
erstmals aufeinander. Einer von ihnen ist Jesus aus Spanien. 'Der' 16-Jährige
ist über seine Schultheatergruppe zu Magic-Net gekommen. Nun sitzt er
im "Making"-Workshop und macht sich Gedanken über originelle Pappfiguren.
"Ich mag es, Sachen zu entwerfen", erklärt er. Lydia, ebenfalls 16 und
aus Österreich, beschäftigt sich auch zu Hause mit Dekorationen. , "Ich
hoffe, dass ich hier was dazulerne", sagt sie. Außerdem habe sie Spaß
daran, in andere Kulturen, "reinzuschnüffeln". Das kann man auch noch
in vier weiteren Workshops, die alle von darauf spezialisierten Mitgliedern
der Londoner Theatergruppe Emergency Exit Arts geleitetet werden. Bei
der Gruppe der Musiker und Tänzer geben Christie aus Großbritannien
und Pablo aus Italien Rhythmusübungen vor. Eins, zwei, drei fliegen
die Hände auf die Schenkel, auf den Bauch, klatschen zusammen, lösen
sich in einem Fingerschnipsen. Aus dem Takt gekommen? "Kein Problem."
Und schon geht es wieder von vorn los. "Perfektion ist nicht Ziel",
erklärt Magic-Net-Praktikantin Constanze Demuth. "Es geht hier nicht
darum, wer am besten Fagott spielen kann, sondern darum, gemeinsam etwas
auf die Beine zu stellen." Im großen Spiegelsaal des Theaters im Schuppen,
das das Festival neben dem Theater des Lachens und dem Kleist Forum
unterstützt, ist der Schauspiel-Workshop derweil noch beim Kennenlernen.
Eine Geschichte, die mit Liebe zu tun hat, soll erzählt werden. Einer
berichtet von seiner Findel-Katze, ein anderer von der Umarmung eines
kleinen Kindes. Die Erfahrungen sind so vielfältig wie die Nationalitäten.
Was die Schauspieler zur Parade am Sonnabend spielen sollen, wird ein
paar Räume weiter von der Gruppe der Schreiber erdacht. Natürlich soll
sich auch dabei wieder alles um das Thema Liebe drehen. Wie die Schüler
das umsetzen, hält die Gruppe der Reporter wiederum in einer Zeitung
fest. "Bis jetzt läuft es fantastisch", sagt Dirk NeIdner und berichtet
vom Eröffnungsabend. Der dafür organisierte DJ wurde nämlich gar nicht
gebraucht. "Plötzlich fingen die Iren an, auf dem Tisch einen Rhythmus
zu klopfen, andere antworteten, und irgendwann führte einfach jeder
etwas vor. Das war wie ein Wettbewerb, ganz ungesteuert." Manchmal ist
Kulturaustausch eben doch ganz einfach.