P R E S S E S P I E G E L

MOZ 19.02.2002


Duo schnuppert Dorf-Atmosphäre

Frankfurt (Oder) (MOZ/fbu) – „Ich wiege mich im weißen Kleid, vierzig Jahre Faltigkeit, Wiege mich entlang der Fesseln, angelegt in jenen all den Jahren, durch mich, durch dich, durch Umstand.“ Diese romantisch wirkenden Verse stehen im Zentrum des Zweipersonenstücks „Auge aus Glas“ mit dem das Theater im Schuppen am 22. Feb-ruar um 19.30 Uhr in einer Kooperation mit dem Kulturbüro Premiere feiert. Andrea Windscheffel und Daniel Heinz tauchen bei dem Wortspiel in die Stille des Dorflebens ein. Noch suchen die zwei jungen Menschen unter Anleitung des Regisseurs und Autors Frank Radüg bei den täglichen Proben nach dem gemeinsamen Weg durch den Dschungel an tiefgründigen Rückblicken und Andeutungen. Der Schöpfer des Werks hat sich auf das Dorfleben, aus dem er kommt, eingelassen. Da wird die Geschichte eines alten blinden Mannes und seine Beziehung zu einer jungen Frau erzählt. Als sie erwachsen ist, schenkt er ihr seine Glasaugen. Über diese Schnittstelle ist der Titel des Werks entstanden. Doch der Inhalt der Erzählung, der sich um die Erlebnisse einer 40-jährigen Frau auf dem Lande rankt, ist weit vielschichtiger und sehr komplex. Was anderes ist auch bei einem tiefsinnigen Rückblick auf ihr Leben nicht zu erwarten. Schon am vergangenen Freitag ist das Team zu den Wurzeln zurückgekehrt. „Wir haben eine spielerische Lesung von Teilen des Werks im mecklenburgischen Güstrow gemacht. Da waren den Menschen die im Stück geschilderten Motive wie zum Beispiel die Wasserpumpe und der etwas anzügliche Pfarrer ein Begriff. Und dort gab es in den 70er Jahren, wo auch meine Geschichte spielt, die Liaison einer 84-Jährigen, im Übrigen die stellvertretende Parteisekretärin, mit einem 50-Jährigen, über die immer wieder gern erzählt wird“, berichtet Frank Radüg. Auf diese ungewöhnliche Beziehung nimmt Radüg auch in seinem Werk Bezug. Der politische Kommentar des Theaterchefs: „Das ist wie mit unseren ehemaligen Stasi-Genossen, die auch ein Verhältnis mit ihrer 30- jährigen Vergangenheit haben.“ Der Pfarrer, das Parteisystem der SED, der Blinde, die junge Frau, all das sind Elemente, die sich ineinander verweben und das Gesamtwerk ergeben. Und immer wieder taucht der Begriff der Stille auf. „Es war wahnsinnig spannend, in diese dörfliche Stille hineinzuschnuppern, die wir hier in Frankfurt nicht kennen“, erzählt die Hauptdarstellerin. „Ist das schön“, haben die Schauspieler auf das Stück beim ersten Kennenlernen gesagt. Denn es zwingt zur Langsamkeit. In einem Dorf gibt die Natur den Ablauf vor. „In diesem Zusammenhang haben wir uns gefragt, ob Frankfurt wirklich der Standort ist, wo man sich zurückziehen kann. Im Dorf ist die Stille noch Stimmung, keine Langeweile wie in der Stadt“, so der Autor. So sind die Beteiligten voller Vorfreude auf das Projekt. „Mit der Premiere hört das Stück nicht auf, sich zu entwickeln“, macht Daniel Lust auf noch mehr.


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